Re: Heil/Klimek/Tykwer DAS PARFUM
Verfasst: Montag 24. Juli 2006, 23:44
...
An der Musik zu dem Aufsehen erregenden Film hat Tom Tykwer gemeinsam mit seinen langjährigen musikalischen Weggefährten Johnny Klimek und Reinhold Heil bereits gearbeitet, lange bevor er mit den Dreharbeiten begann. "Ich habe mich gefragt, wie gehen wir mit dieser olfaktorischen Substanz dieses Films um? Wie gehen wir damit um, dass dies ein Film ist, der sich im Reich der Gerüche aufhält? Gleichzeitig war mir klar, dass dies kein Film der special effects werden soll, der über ausgeprägt visuelle Merkmale versucht, sich Geruch anzueignen, sondern dass es ein Film ist, der eine besondere Art von Realismus versucht in diesem phantasmagorischen Raum und trotzdem diese stark rationale Note von Geruch transportieren muss. Irgendwann wurde mir klar, wenn wir da eine Chance haben, dann nur über Musik. Die Parallele zur Musik, die auch im Buch hervorgehoben ist, ist geradezu notwendig, da das ganze Alphabet der Parfumerie letztlich der musikalischen Wissenschaft entnommen ist. Auch bei Parfums spricht man von Akkorden und einzelnen Duftnoten." Dies ist ein Grund mehr, warum in dem Film der Musik eine enorme Bedeutung zugemessen wird, rufen Düfte doch ähnlich wie Klänge Erinnerungen wach und prägen unsere Persönlichkeit. Diesem Umstand haben Tom Tykwer und seine Kompagnons in jedem Moment Rechnung getragen.
Für die musikalische Umsetzung der kompositorischen Ideen des Trios um Tom Tykwer, das übrigens auch eine eigene Band namens Pale 3 bildet, konnte sich der Regisseur einen zunächst kaum für realisierbar gehaltenen Traum erfüllen: das Engagement von Simon Rattle und den Berliner Philharmonikern. Dass dieser Traum in Erfüllung gegangen ist, ist der Kooperation aller Beteiligten zu verdanken. Nicht nur Simon Rattle war begeistert von dem Projekt und Tykwers Ideen, auch das Plattenlabel des weltbekannten Dirigenten, EMI Classics, und die Constantin Film unterstützten engagiert die Zusammenarbeit. Simon Rattle ist mit dem Werk des deutschen Regisseurs durchaus vertraut. Als der britische Stardirigent 1999 zum kommenden Künstlerischen Leiter und Chefdirigenten der Berliner Philharmoniker gewählt wurde, empfahlen ihm Freunde, sich als Vorbereitung auf seinen neuen Wohnort Berlin Tykwers Welterfolg "Lola rennt" anzusehen. "Seitdem habe ich Tom bewundert und mir gedacht: ?Wir leben beide in Berlin, wir sollten uns treffen!'", so Rattle. Dies hat zwar nun einige Jahre gedauert, aber die Verfilmung von DAS PARFUM bot hierzu die beste Gelegenheit und markiert nun den ersten gemeinsamen Filmsoundtrack der immer wieder gefeierten künstlerischen Liaison von Simon Rattle und den Berliner Philharmonikern, die aus nahezu jeder gemeinsamen Einspielung einen Klassik-Bestseller hervorbringen und unter ihren zahlreichen Auszeichnungen und Preisen auch einen Grammy ihr Eigen nennen. "Was ich an Simon Rattle immer bewundert habe, ist die unvorstellbare Euphorie und Inbrunst, gepaart mit seinem außerordentlichen Können und der unbedingten Bereitschaft, mit diesem Orchester alles zu versuchen und alles herauszuholen, was darin steckt", schwärmt Tom Tykwer.
Dem symphonisch anmutenden Soundtrack, der von luftig leichten Klängen bis zu majestätisch schweren Motiven reicht, gelingt es mit stilistischer Verve, Geruchswelten auf geradezu magische Art und Weise sinnlich spürbar zu machen. Das Orchester folgt akribisch und einfühlsam der Dramaturgie des Films, spürt dem Zeitkolorit des 18. Jahrhunderts nach und bleibt doch in dem Universum olfaktorischer Reize gefangen. Die vom lettischen Staatschor in Riga aufgenommenen Chorgesänge verleihen vielen Passagen etwas Sakrales und Sphärisches, während der Klangkörper der Berliner Philharmoniker sich immer wieder aufschwingt und sinnbetörende Klanglandschaften hervorbringt. Die Flüchtigkeit von Düften wird hier verwandelt in atemberaubende Capriccios, veredelt durch Glockenspiel, Harfen und Violinen, während sich der schiere Wahnsinn und die bedingungslose Obsession in gewaltigen Harmonien von halluzinatorischer Kraft offenbaren. Von Momenten berückender Schönheit und subtiler Zartheit bis zu den fast physisch fassbaren Spannungen ist der Soundtrack von DAS PARFUM von einer Radikalität beseelt, die ihm eine in jede Pore dringende Identität und Intensität verleiht. Wenn "die Seele des Menschen sein Duft ist", wie es die Hauptfigur Grenouille in dem Film behauptet, dann ist die Musik der Herzschlag des Films. Betäubend, betörend, bezaubernd. Simon Rattle und die Berliner Philharmoniker haben diesen brillanten Score mit Dynamik und Kraft aufgeladen: Sie zelebrieren wie Bernhard Herrmann und Ennio Morricone Filmmusik als große Kunst. Den Klängen von DAS PARFUM wird man sich ebenso wenig entziehen können und wollen wie jenem Duft, den Grenouille in einer der faszinierendsten Geschichten der Weltliteratur erschaffen hat.
Juli 2006
EMI Classics Germany - Im Mediapark 8a - 50670 Köln
An der Musik zu dem Aufsehen erregenden Film hat Tom Tykwer gemeinsam mit seinen langjährigen musikalischen Weggefährten Johnny Klimek und Reinhold Heil bereits gearbeitet, lange bevor er mit den Dreharbeiten begann. "Ich habe mich gefragt, wie gehen wir mit dieser olfaktorischen Substanz dieses Films um? Wie gehen wir damit um, dass dies ein Film ist, der sich im Reich der Gerüche aufhält? Gleichzeitig war mir klar, dass dies kein Film der special effects werden soll, der über ausgeprägt visuelle Merkmale versucht, sich Geruch anzueignen, sondern dass es ein Film ist, der eine besondere Art von Realismus versucht in diesem phantasmagorischen Raum und trotzdem diese stark rationale Note von Geruch transportieren muss. Irgendwann wurde mir klar, wenn wir da eine Chance haben, dann nur über Musik. Die Parallele zur Musik, die auch im Buch hervorgehoben ist, ist geradezu notwendig, da das ganze Alphabet der Parfumerie letztlich der musikalischen Wissenschaft entnommen ist. Auch bei Parfums spricht man von Akkorden und einzelnen Duftnoten." Dies ist ein Grund mehr, warum in dem Film der Musik eine enorme Bedeutung zugemessen wird, rufen Düfte doch ähnlich wie Klänge Erinnerungen wach und prägen unsere Persönlichkeit. Diesem Umstand haben Tom Tykwer und seine Kompagnons in jedem Moment Rechnung getragen.
Für die musikalische Umsetzung der kompositorischen Ideen des Trios um Tom Tykwer, das übrigens auch eine eigene Band namens Pale 3 bildet, konnte sich der Regisseur einen zunächst kaum für realisierbar gehaltenen Traum erfüllen: das Engagement von Simon Rattle und den Berliner Philharmonikern. Dass dieser Traum in Erfüllung gegangen ist, ist der Kooperation aller Beteiligten zu verdanken. Nicht nur Simon Rattle war begeistert von dem Projekt und Tykwers Ideen, auch das Plattenlabel des weltbekannten Dirigenten, EMI Classics, und die Constantin Film unterstützten engagiert die Zusammenarbeit. Simon Rattle ist mit dem Werk des deutschen Regisseurs durchaus vertraut. Als der britische Stardirigent 1999 zum kommenden Künstlerischen Leiter und Chefdirigenten der Berliner Philharmoniker gewählt wurde, empfahlen ihm Freunde, sich als Vorbereitung auf seinen neuen Wohnort Berlin Tykwers Welterfolg "Lola rennt" anzusehen. "Seitdem habe ich Tom bewundert und mir gedacht: ?Wir leben beide in Berlin, wir sollten uns treffen!'", so Rattle. Dies hat zwar nun einige Jahre gedauert, aber die Verfilmung von DAS PARFUM bot hierzu die beste Gelegenheit und markiert nun den ersten gemeinsamen Filmsoundtrack der immer wieder gefeierten künstlerischen Liaison von Simon Rattle und den Berliner Philharmonikern, die aus nahezu jeder gemeinsamen Einspielung einen Klassik-Bestseller hervorbringen und unter ihren zahlreichen Auszeichnungen und Preisen auch einen Grammy ihr Eigen nennen. "Was ich an Simon Rattle immer bewundert habe, ist die unvorstellbare Euphorie und Inbrunst, gepaart mit seinem außerordentlichen Können und der unbedingten Bereitschaft, mit diesem Orchester alles zu versuchen und alles herauszuholen, was darin steckt", schwärmt Tom Tykwer.
Dem symphonisch anmutenden Soundtrack, der von luftig leichten Klängen bis zu majestätisch schweren Motiven reicht, gelingt es mit stilistischer Verve, Geruchswelten auf geradezu magische Art und Weise sinnlich spürbar zu machen. Das Orchester folgt akribisch und einfühlsam der Dramaturgie des Films, spürt dem Zeitkolorit des 18. Jahrhunderts nach und bleibt doch in dem Universum olfaktorischer Reize gefangen. Die vom lettischen Staatschor in Riga aufgenommenen Chorgesänge verleihen vielen Passagen etwas Sakrales und Sphärisches, während der Klangkörper der Berliner Philharmoniker sich immer wieder aufschwingt und sinnbetörende Klanglandschaften hervorbringt. Die Flüchtigkeit von Düften wird hier verwandelt in atemberaubende Capriccios, veredelt durch Glockenspiel, Harfen und Violinen, während sich der schiere Wahnsinn und die bedingungslose Obsession in gewaltigen Harmonien von halluzinatorischer Kraft offenbaren. Von Momenten berückender Schönheit und subtiler Zartheit bis zu den fast physisch fassbaren Spannungen ist der Soundtrack von DAS PARFUM von einer Radikalität beseelt, die ihm eine in jede Pore dringende Identität und Intensität verleiht. Wenn "die Seele des Menschen sein Duft ist", wie es die Hauptfigur Grenouille in dem Film behauptet, dann ist die Musik der Herzschlag des Films. Betäubend, betörend, bezaubernd. Simon Rattle und die Berliner Philharmoniker haben diesen brillanten Score mit Dynamik und Kraft aufgeladen: Sie zelebrieren wie Bernhard Herrmann und Ennio Morricone Filmmusik als große Kunst. Den Klängen von DAS PARFUM wird man sich ebenso wenig entziehen können und wollen wie jenem Duft, den Grenouille in einer der faszinierendsten Geschichten der Weltliteratur erschaffen hat.
Juli 2006
EMI Classics Germany - Im Mediapark 8a - 50670 Köln